Landrat im Dialog - Fragen und Antworten

Gemeinsam und gut miteinander leben im Landkreis Dachau. Dazu gehört auch, Anliegen und Probleme direkt zu klären.
Landrat Stefan Löwl steht Ihnen im Rahmen des Bürgerdialogs Rede und Antwort. Hier finden Sie die bisherigen Anfragen.

20.05.2020 - Verkehr

Lärmbelastung Straßenverkehr

Frage

Hallo Herr Löwl,

ich bin Anwohner in der Freisinger Straße in Markt Indersdorf. Seit Jahren kann man hier sehen wie der Straßenverkehr (auch viel LKW-Verkehr und am Wochenende viele Motorräder) immer mehr zunimmt und damit auch die Belastung durch Lärm und Gestank. An manchen Tagen ist die Belastung kaum erträglich. Leider wohnen wir in einem Bereich der noch nicht Tempo 30 ist, in dem Tempo 30 Bereich (aktuell schon ca. 2/3 der gesamten Straße) ist die Lärmbelastung deutlich geringer. Daher die Frage ob man nicht im gesamten Bereich Tempo 30 einführen kann? Um die Lärmbelastung zu reduzieren. Dies würde auch dem Fahrradverkehr zugute kommen, da es auch hier teilweise zu gefährlichen Situationen kommt.

Mit freundlichen Grüßen
Karl Bange

Antwort

Sehr geehrter Herr Bange,

vielen Dank für Ihre eMail. Mir ist die Situation in der Freisinger Straße in Markt Indersdorf bekannt. Gerade aufgrund der aktuellen Sperrung des Rathausplatzes ist hier eine akute Verkehrszunahme nachvollziehbar, aber natürlich steigt die Auslastung aller Straßen seit Jahren kontinuierlich an.

Eine Beschränkung – insb. auf den, dem überörtlichen Verkehr dienenden Staats- und (wie hier) Kreisstraßen - bedarf jedoch einer gesetzlichen Befugnis. Diese liegt für den von Ihnen genannten Teilbereich nicht vor. Die genannten „Tempo 30“-Bereiche liegen am Altenheim bzw. betreuten Wohnen und in der Nähe der Schule bzw. auf dem Schulweg. Die Anordnung von „Tempo 30“ für die gesamte Freisinger Straße ist daher rechtlich nicht möglich.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Löwl

20.05.2020 - Verkehr

Schulung Führerscheinklasse B 196

Frage

Sehr geehrter Herr Löwl,

mein Name ist Manuela Pöllath, bin Mutter von 3 Kindern und wohne in Günding. Dies kurz zu meiner Person.

Letzte Woche konnte ich, nach der coronabedingten Zwangspause, endlich meine Unterrichtseinheiten zum Erwerb des Führerscheines B196 fortsetzen. Überraschenderweise wurde mir gestern leider mitgeteilt, dass die Schulung des B196 bis auf weiteres vom LRA Dachau untersagt wurde, da es nicht als Erweiterung einer Fahrerlaubnisklasse ausgelegt wird. Eine weitere Entscheidung diesbezüglich soll diesen Freitag getroffen werden.
Das erstaunt mich doch sehr..., d.h. diese Fahrerlaubnis wird dann quasi als „ Spassmobil-Führerschein-Klasse „ betrachtet ?
Hier möchte und muss ich doch widersprechen. Wir haben uns bewusst entschieden ein Auto herzugeben und als Alternative mit einem Roller weiterhin mobil zu bleiben. (Mit 3 Kindern nicht unwichtig.) Dieses Fahrzeug stellt bei inzwischen sehr hohen Verkehrsaufkommen in unserer Gegend, eine Ressourcen- und Klimafreundliche Möglichkeit da. Unter diesen Gesichtspunkten wurde der B196, wie auch bereits in einigen Nachbarländern üblich, bei uns eingeführt.

Ich bitte Sie dies bei der Entscheidung entsprechend zu berücksichtigen, dass für den ein oder anderen Bürger diese Option der Mobilität durchaus wichtig ist und man hier nicht davon ausgehen kann, dass alle diese Fahrerlaubnis nur zur „Gaudi“ erwerben.

Ich hoffe, dass am Freitag eine für alle Seiten nachvollziehbare Entscheidung seitens des LRA getroffen wird und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Manuela Pöllath

Antwort

Sehr geehrte Frau Pöllath,

die Vierte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayIfSMV_4/true) erlaubt in § 17 den theoretischen Fahrschulunterricht sowie theoretische Fahrprüfungen zum erstmaligen Erwerb eines Führerscheins. Praktischer Fahrschulunterricht und praktische Fahrprüfungen sind nur für die Dauer von jeweils höchstens 60 Minuten zulässig.

Bei den Schulungen zur sog. B196-Klasse handelt es sich um eine „Erweiterung“ eines bestehenden Führerscheins (https://www.adac.de/verkehr/rund-um-den-fuehrerschein/aktuelles/autofuehrerschein-motorrad-fahren/) und somit nicht um den aktuell erlaubten „erstmaligen Erwerb“. Daher sind diese Kurse zur Zeit – wie auch Schulungsangebote in vielen anderen Bereichen – (noch) nicht möglich.

Nach Rücksprache mit dem Landesverband Bayerischer Fahrlehrer e.V. sowie der Regierung von Oberbayern soll jedoch zeitnah eine weitere Lockerung kommen, welche auch Schulungen zum B196 ermöglicht. Sobald uns die entsprechende Rechtsgrundlage vorliegt, werden wir die Fahrschulen im Landkreis unverzüglich informieren.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Löwl

08.07.2019 - Verkehr

Radweg Hilgertshausen

Frage

Sehr geherter Herr Landrat.
Die Staatsstrasse Stangenried-Hilgertshausen(ca.3,5Km ist ohne Radweg).
Da bei ständig wachsendem Verkehr es eine Zumutung ist mit dem Rad auf dieser Strecke zu fahren
wäre ein Radweg dringend nötig.
Diesbezüglich hab ich Sie am 7.7.19 am Obergrashof angesprochen.

Herzliche grüße Georg Salvamoser

Antwort

Sehr geehrter Herr Salvamoser,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich habe diese an das von uns beauftragte Fachbüro zu Erstellung eines landkreisweiten Radverkehrskonzepts mit der Bitte um Prüfung und Bewertung weitergeleitet. Informationen zu diesem Projekt finden Sie unter der Veranstaltung am 22.5.22019: https://www.landratsamt-dachau.de/landkreis-kultur-tourismus/landkreis/buergerdialog-gemeinsam-fuer-den-landkreis/nachlese-der-bisherigen-veranstaltungen/

Den aktuellen „Erhebungsstand“ unserer Radwege können Sie interaktiv unter folgendem Link finden: https://maps.topplan.de/custom.php#bb=48.141,10.95,48.542,11.696&topkunde=dah&ags=

Mit Abschluss des Projekts werden wir die jeweils zuständigen Baulastträger (bei Staatstraßen das staatliche Bauamt) um Umsetzung der Empfehlungen bitten. Leider sind straßenbegleitende Radwege meist nur/erst mit einem Ausbau der Straße möglich, da aktuell nur auf diese Weise ein entsprechendes Planverfahren durchgeführt werden kann.

Mit freundlichen Grüßen,

Stefan Löwl

20.03.2019 - Verkehr

Kosten und Sicherheit von Radwegen

Frage

Sehr geehrter Herr Löwl,
bezugnehmend auf Ihre Antwort meines Berichtes zu zukunftsfähigen Radwegen habe ich Verständnis, dass Radwegeprojekte wirtschaftlich und sparsam zu bauen sind.
Die Projekte in der Gemeinde Erdweg scheinen sich daran leider wohl trotzdem nicht zu richten. Hier wurde z.B. zwischen Unterweikertshofen und Welshofen für wenige 100 m Radweg eine dreiviertel Million verbraten. Alleine die Brücke hat sicher schon eine halbe Million davon verschlungen. Die Brücke ist zwar schön anzusehen und fügt sich imposant in das Landschaftsbild ein. Aber dennoch, war es wirklich nötig, eine so gewaltige und teure Brücke für einen Radweg zu bauen, den nur ein paar vorhandene Radler nutzen?
Wäre man sparsamer bei der Brücke gewesen, hätte man die so dringend benötigten Sanierungsarbeiten anderer Radweg bezahlen können. Mehr als 50% des Radwegenetzes entlang der Staatsstraßen im Landkreis Dachau ist teils so kaputt, dass die Benutzung der Wege eine ernsthafte Gefahr darstellt. Ich bin nur noch damit beschäftigt, den Schlaglöchern und Querrillen, sowie Bodenwellen auszuweichen und kann mich dabei null auf das sonstige Verkehrsgeschehen konzentrieren. Das Rad soll wenigstens ein paar Jahre halten und ich ohne Schmerzen sitzen können. Schon mehrfach hatte es dabei Beinaheunfälle mit Fußgängern oder entgegenkommenden Radlern gegeben.
Betrachtet man den Flächenverbrauch des neuen Radweges zwischen Unterweikertshofen und Sittenbach dann wundert mich nicht, dass man so große Probleme hat, von den Grundstückseigentümern Flächen für einen Radweg zu bekommen. Es ist geradezu ein Wunder, dass es an dieser Strecke überhaupt gelang. Würde man eine günstigere Lösung als Radweg wählen, hätte ein Meter ausgereicht. So wurden teils mehr als fünf Meter zugebaut.
Der Weg ist noch nicht fertiggestellt. Aber schon jetzt zeichnet sich die traurige Tatsache ab, dass der Radweg – wie nahezu alle Radwege im Landkreis – eines sicher nicht bieten wird: Sicherheit für den Radfahrer.
Aus meiner Sicht sollte oberstes Ziel eines Radweges die Sicherheit eines Radfahrers sein. Gegenüber der Benutzung der Straße sollte die Situation für den Radler auf jeden Fall deutlich sicherer sein. Andernfalls ist die Investition in einem Radweg für den Radler nicht dienlich. Die Investition wird aber immer nur für einen dienlich sein: für den Autofahrer. Und das ist meiner Meinung nach auch der wahre Grund, weshalb überhaupt Radwege gebaut werden. Die Autofahrer sollen freie Fahrt ohne Räder als Hindernis haben.
Letzteres wird nun mit den S-Pedelecs wieder hinfällig. Auch Mofas dürfen den Radweg nicht benutzen. Interessanterweise müssen Radfahrer die deutlich schlechteren und gefährlicheren Radwege benutzen, selbst dann, wenn diese schneller sind als Mofas und vielleicht sogar mit S-Pedelecs mithalten können.
Nichtoptimale Radwege sind vielleicht gerade noch für eine Ort-zu-Ort Fahrt ganz brauchbar. Wer aber längere Strecken zurücklegen will, für den ist dann das Radwegefahren die reinste Schinderei. Es erfordert höchste Aufmerksamkeit, die weit über dem Fahren auf der Straße liegt. Mal ist der Radweg links, dann rechts und dann wieder gibt es keinen (Extrembeispiel Unterweikertshofen - Stetten). Verpasst man mal wegen der unzureichenden Beschilderung eine Zufahrt, muss mit hupenden Autofahrern und Strafe seitens Polizei gerechnet werden. Das ist kein Vergnügen mehr. Und es wird mit jedem Radweg schlimmer.
Insider kennen sich aus. Aber Fremde haben hier extrem hohe Probleme. Und in der Nacht ist es ohnehin fast unmöglich, als Fremder jeden Meter nutzungspflichtigen Radweg zu finden, weil jegliche Beschilderung zu Auffahrten fehlt. Sogar ich fand letzthin bei der Nachtfahrt von Unterweikertshofen hoch nach Welshofen die Zufahrt zum Radweg nicht, weil am linken Fahrbahnrand von unten bis oben der Randstreifen durchgezogen ist und somit die Auffahrt nicht gefunden werden kann.
Radwegenutzung ist nicht nur eine Schinderei, sondern ich fühle mich geradezu schikaniert und auch regelrecht bestraft dafür, dass ich umweltfreundlich unterwegs bin. Niemand ist sich wohl bewusst, wie gefährlich das Benutzen der Radwege wirklich ist. Während ich in 30 Jahren auf der Straße noch nie einem Fahrzeug gefährlich nahe kam, wäre ich am Radweg schon mehrmals vom Rad geholt worden. Zuletzt hatte mich ein Bauer am Radweg zwischen Haimhausen und Ampermoching missachtet, der von der Straße auf seinen Acker fuhr. Hätte ich nicht rechtzeitig eine Vollbremsung hingelegt, ich wäre unter seine Räder gekommen und tot gewesen. Er hätte das mit seinem großen Mähdrescher wahrscheinlich nicht einmal bemerkt…
Das größte Problem der Radwege sind die Einfallstraßen und das Rauf- und Runterfahren vom Radweg. Bei Einfallstraßen wird man fast grundsätzlich übersehen, weil die Autofahrer auf die Straße achten und dabei nicht erkennen, dass ein Radweg kreuzt. Ein zu weit entferntes Radfahrerhinweisschild (bei Priel) und – im günstigsten Falle - ein paar Striche am Boden reichen dazu überhaupt nicht aus. In der Regel befindet sich gar keine Markierung am Boden.
Hierzu mausert sich die Stadt Dachau zu einem Musterbeispiel wie man es machen sollte. Die rote Bodenmarkierung zeigt klar und deutlich den Radweg und hilft somit erheblich, dass Radler nicht so leicht übersehen werden. So etwas sollte insbesondere auch außerhalb der Stadt Anwendung finden.
Bezüglich Auf-/Abfahrten zu/von Radwegen sind mir im Landkreis nur zwei Stellen bekannt, die als brauchbar zu bezeichnen sind: bei Einsbach Richtung Widenzhausen und seit letztem Jahr in Dachau bei Etzenhausen. Alles andere ist eher eine Katastrophe und nicht geeignet für eine tägliche Fahrt in die Arbeit. Schlechtestenfalls muss man auf den Radweg über eine längs zur Fahrrichtung befindliche hohe Bordsteinkante befahren, was eine hohe Gefahr des Stürzens mit sich bringt (Vorwiegend in der Gemeinde Erdweg).
Ich bitte Sie daher darum, bei künftigen Projekten die Sicherheit der Radfahrer zu beachten und den Radweg so zu bauen, dass dadurch die Radler nicht zusätzlich gefährdet werden, sondern sicherer fahren können. Jetzt wird ganz offensichtlich nur nach dem Motto gebaut: Hauptsache die Radler sind von der Straße weg.
Ferner möchte ich darum bitten, die Prioritäten beim Bau von Radwegen darauf auszurichten, wo der meiste Verkehr ist. Während zwischen Sittenbach-Unterweikertshofen sehr geringes Verkehrsaufkommen ist, ist von Erdweg über Indersdorf bis Petershausen sehr viel Verkehr. Dennoch wird ein Radweg auf der verkehrsarmen Straße gebaut. Höchste Dringlichkeit hätten Radwege von Kleinberghofen nach Eisenhofen und von Erdweg bis mindestens Arnbach, besser bis Petershausen. Die billigste und einfachste Lösung bis Indersdorf wäre die Teerung der Schotterstrecke entlang der Bahn. Dies lehnte bislang der Gemeinderat Erdweg trotz mehrfachen Antrags vehement ab und behauptet stolz von sich, die Schotterstrecke, die im Winter nicht geräumt wird und nach Regen und der Schneeschmelze zum Versinken im Dreck führt, sei ja ein Radweg. Auch Indersdorf weigert sich, den Weg entlang der Bahn von der Gemeindegrenze bis zur Ortseinfahrt Indersdorf zu teeren.
Mir als Tourenradfahrer mit schmalen Reifen bleibt nichts Anderes übrig, als über den Petersberg zu fahren, was wegen der uneinsehbaren Kurven ziemlich gefährlich ist. Und bei meiner täglichen Runde muss ich zwischen Erdweg und Arnbach die wohl unfallträchtigste Straße im Landkreis befahren. Und dabei stelle ich mir stets die Frage: Warum baut man überall, wo nichts los ist, Radwege und hier nicht?
Andererseits, solange man an dem radfahrergefährdenden Konzept mit den abgesetzten Radwegen festhält, fühle ich mich auf der Straße immer noch deutlich sicherer. Ich spare mir dadurch das gefährliche Rauf- und Runterfahren und brauche keine Angst bei jeder Straßenzufahrt zu haben, abgeschossen zu werden.
Mit freundlichem Gruß
Thomas Schmacht
Sommerstraße 5
85253 Erdweg
Tel. 0 81 38 / 10 54

Antwort

Sehr geehrter Herr Schmacht,

vielen Dank für Ihre erneute eMail zum Thema Radwege. 

Wie bereits in meiner letzten Antwort ausgeführt, sind für den Bau und Unterhalt der Radwege unterschiedliche Behörden bzw. Kommunen zuständig, die bei der Realisierung alle rechtlichen und technischen Vorgaben einzuhalten haben. Oft können Projekte oder bestimmte Trassenführungen nicht umgesetzt werden, da die hierfür notwendigen Flächen nicht erworben werden können und eine zwangsweise Besitzeinweisung nur in ganz wenigen, speziellen Fällen möglich ist. Diese Problematik ist auch ein Grund dafür, dass „dringende“ Radwege nicht, „weniger wichtige“ Radwege dafür schon gebaut werden. Wobei bei der Bewertung der „Wichtigkeit“ immer alle potentielle Nutzer berücksichtigt werden müssen, also vom (semi-)professionellen Schnellfahrer, über ambitionierte Freizeit- und Gelegenheitsfahrer bis hin zu Familien einschließlich Kindern aber auch Menschen mit Handikap.

Abschließend darf ich Sie erneut auf meinen Bürgerdialog am 22. Mai 2019 hinweisen. Dort werde ich zusammen mit dem Fachbüro die bisherigen Ergebnisse zu unserem neuen Radverkehrskonzept vorstellen und alle Bürgerinnen und Bürger haben die Gelegenheit, vor Ort oder im Nachgang hierzu ihre Anregungen und konstruktive Kritik einzubringen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Löwl
Landrat

14.03.2019 - Verkehr

Zukunftsorientierter Radwegebau

Frage

Sehr geehrter Herr Löwl
Aus einigen Zeitungsberichten konnte ich entnehmen, dass geplant ist, den Radverkehr zu stärken.
Das zu lesen begeistert mich als Radfahrer sehr.
Die Frage ist nur, wie soll das geschehen? Für eine Stärkung des Radverkehrs ist das momentane Radwegekonzept mit abgesetzten Radwegen sicher sehr bald überlastet. Schon jetzt ist an schönen Wochenendtagen ein brauchbares Radfahren auf manchen Radwegen nahezu unmöglich – ähnlich einem Stau auf der Autobahn.
Hat man sich bisher auch Gedanken zum Thema S-Pedelecs gemacht? Die dürfen bekanntermaßen die derzeit viel gebauten Geh-/Radwege gar nicht nutzen. Autofahrer werden sicher eher auf S-Pedelecs umsteigen als sich im Dachauer Hinterland mit normalen Rädern abzuschwitzen. Doch mit den S-Pedelecs kommt das Problem wieder auf, mit dem der Radwegebau eigentlich verhindert werden soll: Radler auf der Straße. Die S-Pedelecs fahren zwar etwas schneller. Aber auf einer Landstraße sind diese trotzdem ein Hindernis.
Als Radfahrer, der in seinem Leben 670.000 km nicht nur in Deutschland zurückgelegt hat, konnte ich sehr viel Erfahrung in Zusammenhang mit den Anforderungen für den Radverkehr sammeln. Für mich ist noch immer das Sicherste, im Straßenverkehr mit dem Verkehr mitzufahren. Am besten fährt es sich, wenn rechts neben dem weißen Randstreifen am Straßenrand noch zusätzlich etwas Fahrbahnfläche für den Radverkehr vorhanden ist. Da kann man absolut sicher und ungestört fahren.
Noch nie kam es auf den vielen abgestrampelten Kilometern in Deutschland und im Ausland auf Straßen ohne angebauten Radweg auch nur zu einem Hauch einer gefährlichen Situation.
Anders sieht es aus mit dem deutschen Fahrradwegekonzept, so wie dies nun leider auch im Landkreis Dachau verstärkt ausgebaut wird. Außer in Ungarn ist es nirgendwo in Europa gefährlicher und fahrradfeindlicher mit dem Rad zu fahren als in Deutschland. Nach einer Radtour im Ausland brauche ich jedes Mal viele Wochen, bis ich mich wieder an das gefährliche deutsche Fahrradwegekonzept gewöhnt und damit abgefunden habe. Schon mehrmals versucht mich ein unachtsamer Autofahrer, der den Radweg überquerte, vom Rad zu holen. Bislang glücklicherweise erfolglos.
Das Gefährlichste am Radfahren überhaupt ist das Linksabbiegen. Während ein Autofahrer einfach den Blinker setzt und – nur den Gegenverkehr beachtend – abbiegt, muss der Radfahrer erst einmal mit dem ihm überholenden Verkehr kämpfen. Dazu muss er den Kopf um 180° drehen, um den Verkehr hinter ihm zu beobachten. In dieser Zeit ist es nicht möglich, das Verkehrsgeschehen in Fahrtrichtung zu beachten. Beim dann notwendigen Linksabbiegen passiert es mir beinahe wöchentlich, dass mich trotz Handzeichen und bereits nach links rüberfahren immer noch Autofahrer überholen. Eine absolut riskante und gefährliche Situation!
Bei Fahrt auf der Straße ohne Radweg kommt das Linksabbiegen nur dann vor, wenn ich tatsächlich links abbiege. Bei Nutzung der Radwege kommt dies alle paar Kilometer vor. Besonders schlimm ist eine Fahrt von Unterweikertshofen nach Stetten. Siebenmal muss die Straßenseite innerhalb der 10 km gewechselt werden, denn in den Ortschaften darf die Straße benutzt werden. Und außerhalb der Ortschaften ist der Radweg auf der falschen Seite. Die Wahrscheinlichkeit, dabei über den Haufen gefahren zu werden, ist bei dieser Straße, auf der mehr als 20.000 Fahrzeuge je Tag fahren, deutlich höher, als wenn man gleich die Straße benutzen würde. Diese Art der Gefährdung der Radfahrer ist alles andere als förderlich für die Stärkung des Radverkehrs.
Auch aus anderen Gründen ist das derzeitige Fahrradwegekonzept für eine Stärkung des Radverkehrs ungeeignet:
- Radwege sind zu schmal. Fahren zwei Radler oder gehen zwei Fußgänger nebeneinander, können diese nicht überholt werden, ohne dass man die Klingel betätigen muss. Diese wird aber bei verkehrsreichen Straßen nicht gehört (Auch die bei der Siegerehrung des Stadtradelns geschenkt bekommene Klingel vom Landratsamt ist dazu zu leise).
- Bei der Kombination aus Geh- und Radweg wird der Radler erheblich behindert und ausgebremst, wenn der Weg tatsächlich von Fußgängern benutzt wird.
- Der abgesetzte Radweg wird von Autofahrern oft nicht gesehen oder erkannt. Besonders gefährlich hierzu ist der Radweg Eisolzried-Priel. Kurz vor Ernte des Maisfeldes im Herbst hat der eigentlich Vorfahrt habende Radler null Sicht auf die Straße, die von Palsweis kommt. Ein Autofahrer, der von Palsweis kommt, hat gleichfalls null Sicht auf eventuell aus Richtung Eisolzried kommender Radfahrer.
- Autofahrer, die aus einer Einfallstraße nicht in die Hauptstraße kommen, blockieren den Radweg.
- Radwege werden häufig als Müllplatz von Autofahrern missbraucht. Besonders schlimm: Glasscherben.
- In Zu-/Abfahrten von Radwegen werden meist Hindernisse wie z.B. Bordsteinkanten eingebaut. Sehr gefährlich sind Bordsteinkanten, die man längs zur Fahrrichtung hinauffahren soll. Die Gefahr durch Stürzen ist extrem hoch.
- Zu-/Abfahrten von Radwegen werden gerne als Parkplatz missbraucht.
- In den seltensten Fällen wird ein Radler gefahrlos vom Radweg in den Straßenverkehr zurückgeführt. In der Regel muss der Radfahrer seinen Kopf um 180° drehen, um den Verkehr hinter ihm zu beachten. In der Zwischenzeit muss er daher blind geradeaus weiterfahren.
- Die Fahrbahndecke der Radwege hat eine deutlich schlechtere Qualität als die der Straßen. Innerhalb weniger Jahre bilden sich den Radverkehr gefährdenden Schlaglöcher und Querrillen oder Erhöhungen durch Baumwurzeln aus. Alle Radwege im Landkreis Dachau, die älter als fünf Jahre sind, weisen teils erhebliche Fahrbahnschäden auf.
- Mancher Radweg grenzt ohne Abstand an die Straße an (Arnbach Ortseinfahrt von Schwabhausen, Armetshofen). Es ist äußerst unangenehm und auch gefährlich, mit dem Gegenverkehr derart nahe auf Tuchfühlung zu fahren.
- Fehlende Randmarkierungen und Begrenzungspfosten machen des Nachts bei Regen die Fahrt zum Suchspiel.
- Die Räumung der Radwege im Winter erfordert einen zusätzlichen Räumdienst.
- Die Radwege werden selten gereinigt (Im Ort Lotzbach gar nicht).
- Baustellen auf Radwegen werden in der Regel so zugeteert, dass man wie auf Kopfsteinpflaster fährt (Extrembeispiel B471 Obergrashof – Abzweig Baadersfeld)
- Besonders modern ist es, scharfe Knicke oder gar Kehren (Röhrmoos-Lotzbach) in den Radweg einzubauen. Fehlen Schilder, die darauf hinweisen, wird dies besonders nachts gefährlich (Beispiel Welshofen - Unterweikertshofen).
- Die nutzbare Radwegebreite wird gerne durch bauliche Maßnahmen wie Leitplanken oder Brückengeländer erheblich reduziert (Radweg Lotzbach – Biberach)
Ich als Vielradfahrer würde es sehr begrüßen, wenn man sich mal darüber Gedanken macht, ob das jetzige Radwegkonzept überhaupt zukunftsfähig ist. Die dargestellten Mängel, die ich allesamt ausreichend durch Beispiele belegen kann, gefährden den Radverkehr erheblich mehr als dies ohne Radweg der Fall wäre.
Mein Vorschlag zu einem sicheren Radweg wäre der bereits angesprochene Randstreifen. Ein halber Meter je Straßenseite würde dabei genügen. Die Vorteile sind überwältigend:
- Leichte Orientierung des Radlers bei Nacht im Regen durch die vorhandenen Markierungen und Begrenzungspfosten der Straße.
- Da man nahezu mit den Autos mitfährt, wird man leichter von einbiegenden oder abbiegenden Autofahrern gesehen.
- Kein Blockieren der Radwegespur von einbiegenden Autofahrern.
- Die Qualität der Fahrbahndecke ist die gleiche wie die der Straße. Damit sind Renovierungsmaßnahmen deutlich seltener nötig.
- Keine Tuchfühlung mit dem Autoverkehr in Gegenrichtung.
- Im Winter kann mit einem einzigen Räumfahrzeug die Straße und der Radweg gleichzeitig geräumt werden. Besonders diesen Winter waren an mehreren Stellen (Biberbach-Lotzbach, Oberroth-Großberghofen) die Radwege durch Schneeverwehungen oder längere vereiste Abschnitte teilweise unpassierbar, während die Straße gut befahrbar gewesen wäre.
- Leichteres Überholen von langsameren Radfahrern über die Straßenfahrbahn möglich.
- Es gibt keine zu kleinen Kurvenradien.
- Keine Einschränkung der nutzbaren Fahrbahnbreite, da üblicherweise die Begrenzungspfosten der Straße weit genug vom Fahrbahnrand weg gebaut sind.
- Nutzung des Weges auch von S-Pedelecs und Mofas möglich. Damit sind diese auch diese Fahrzeuge nicht länger ein Hindernis im Autoverkehr.
- Für Schadfahrzeuge wäre eine Art „Pannenstreifen“ verfügbar, so dass nicht die gesamte Fahrbahn blockiert wird.
- Der Platzverbrauch und die Bodenversiegelung für den Radweg sind erheblich geringer als mit dem jetzigen Konzept, das fast so viel Platz wie die Straße benötigt (Sichtbar am neuen Radweg Sittenbach-Unterweikertshofen.)
Natürlich hat diese Art des Radweges auch Nachteile. Eine Familie mit Kindern tut sich deutlich schwerer. Aber welche Familie möchte schon entlang einer Straße fahren? Die fahren lieber gar auf Feldwegen auf ruhigen Strecken.
Die andere Alternative, ein vom Straßenverkehr unabhängiges Radwegenetz zu bauen, halte ich für unbezahlbar und wird sicher von den Umweltfans abgelehnt werden. Doch es gibt Länder, die auch das auf die Reihe bringen (Flussradwege in Italien und Österreich).
Ich hoffe, Ihnen hiermit einige Anregungen gegeben haben zu können, wie man einen Radweg sicher und zukunftsorientiert baut.
Mit freundlichem Gruß
Thomas Schmacht
Sommerstraße 5
85253 Erdweg
Tel. 0 81 38 / 10 54

Antwort

Sehr geehrter Herr Schmacht,

vielen Dank für Ihre umfänglichen und detaillierten Ausführungen zum Thema Radwege. Ich habe Ihre Nachricht an das Planungsbüro, welches derzeit mit der Erstellung/Fortschreibung unseres Radverkehrskonzeptes beauftragt ist, weitergeleitet und um entsprechende Bewertung und ggf. Einarbeitung gebeten.

Wie Sie sicherlich wissen, sind für den Bau und Unterhalt der Radwege unterschiedliche Behörden bzw. Kommunen zuständig. Außerdem muss sich die öffentliche Hand natürlich an die gesetzlichen Vorgaben und Bestimmungen halten sowie mit den Steuergeldern wirtschaftlich und sparsam umgehen. Im Landkreis Dachau kommt – wie im gesamten Ballungsraum München – noch die große Problematik der Flächenverfügbarkeit hinzu; viele geplante und finanziell gesicherte Radwegprojekte des Landkreises können nicht umgesetzt werden, da die hierfür notwendigen Flächen nicht erworben werden und eine zwangsweise Besitzeinweisung nur in ganz wenigen, speziellen Fällen möglich ist. Diese Problematik ist oft auch für die ein oder andere „Kuriosität“ (fahrbahnwechselnde Radwege, Kehren, Engstellen,..) verantwortlich. Hier stehen wir oft vor der Entscheidung, ob wir auch einen nichtoptimalen Radweg bauen, bevor wir keinen Radweg errichten. Gerade im Zusammenhang mit der Diskussion um Radschnellwege wird hier zwar auch die Planfeststellungsfähigkeit (und damit auch die Möglichkeit zur Besitzeinweisung gegen den Willen einzelner Grundstückseigentümer) für überregionale Radwegeverbindungen aktuell diskutiert. Dies ist jedoch ein bundespolitisches Thema, welches wir als Kommunen im Großraum München aber immer wieder thematisieren.

Leider können aus den vorgenannten Gründen nicht alle wünschenswerten Projekte (schnell und optimal) umgesetzt werden. Die Alternative ist daher leider oft, eine Radverbindung nicht optimal zu bauen, oder eben gar keinen Radwege zu bekommen.

Abschließend darf ich Sie noch auf meinen Bürgerdialog am 22. Mai 2019 hinweisen. Dort werde ich zusammen mit dem Fachbüro die bisherigen Ergebnisse zu unserem neuen Radverkehrskonzept vorstellen und alle Bürgerinnen und Bürger haben die Gelegenheit, vor Ort oder im Nachgang hierzu ihre Anregungen und konstruktive Kritik einzubringen. Ich würde mich freuen, Sie an diesem Abend begrüßen zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Löwl

Landrat