Älter werden im Dachauer Land - Februar Sitzung des Landkreisseniorenbeirats - Wichtige Neuerungen im Betreuungsrecht seit Januar 2023
Denn, können Menschen aufgrund von Unfall, Krankheit, Behinderung oder Alter, die persönlichen Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln, greifen niederschwellige Hilfen nicht mehr. Wenn auch keine Vorsorgevollmacht erteilt wurde, wird eine rechtliche Betreuung erforderlich. Diese kann vom Betroffenen selbst, den Angehörigen oder auch anderen Personen beim Amtsgericht beantragt werden.
Als besondere Herausforderung sieht der Landkreisseniorenbeirat an dieser Stelle, wann und wie die akute Gefährdungssituationen erkannt werden. Denn nicht jede - aus subjektiver Sicht - „unzumutbare“ Lebenssituation erfüllt die Voraussetzungen für eine gesetzliche Betreuung. Die selbständige und individuelle Lebensführung jedes Einzelnen ist unbedingt zu erhalten.
Bei der Prüfung der Anregung beauftragt das Amtsgericht dann die Betreuungsstelle des Landratsamtes mit der Klärung der Situation. Dort werden zunächst sogenannte „Betreuung vermeidende Hilfen“, z.B. ambulante Dienste, Leistungen der Pflegekasse und/oder Eingliederungshilfe, Beratungsstellen, Nachbarschaftshilfe geprüft. Ziel der Betreuungsstelle ist, diese Unterstützungsmöglichkeiten zu fördern, um die gerichtliche Betreuung so lange wie möglich zu vermeiden. Nach Erstellung des gerichtspsychiatrischen Gutachtens und Anhörung durch den Betreuungsrichter, wird durch Beschluss bestimmt, ob eine rechtliche Betreuung erforderlich ist. Falls ja, wird der/die Betreuer:in bestimmt.
Die Betreuungsrechtsreform stärkt hierbei besonders die Rechte der zu betreuenden Personen. Denn solange sich dieser nicht selbst gefährdet, ist die betreuenden Person verpflichtet, den Willen des zu Betreuenden umzusetzen. Die Betreuungsstelle des Landratsamtes ist hier für die Prüfung der rechtlichen Betreuer/in zuständig.
Wichtige Neuerung seit Januar ist das Ehegattennotvertretungsrecht (§1358 BGB). Danach kann der/die Ehe-/Lebenspartner:in in Sachen der Gesundheitssorge vertreten, wenn der/die Partner:in die Angelegenheiten aufgrund von Krankheit oder Bewusstlosigkeit nicht mehr selbst regeln kann. Dieses Notvertretungsrecht bezieht sich jedoch nur auf die Angelegenheiten der Gesundheitssorge und ist befristet auf 6 Monate. Vorher muss jedoch i.d.R. vom entscheidenden Arzt geklärt werden, ob eine Vorsorgevollmacht existiert oder der Ehegatte ggf. vom Notvertretungsrecht ausgeschlossen wurde. Wie dies in der Praxis umzusetzen ist, bleibt aus Sicht des Landkreisseniorenbeirates abzuwarten.
Begrüßt wurde von den Beiräten die Neuerung hinsichtlich der Registrierung und der Notwendigkeit der Vorlage des Sachkundenachweises für Berufsbetreuer. Auch für ehrenamtliche Betreuer steigt der bürokratische Aufwand im Vorfeld. So müssen, z.B. auch die Angehörigen, ein Führungszeugnis und einen Auszug aus dem Schuldnerverzeichnis vorlegen. Im Landkreisseniorenbeirat war man sich einig: In diesem hochsensiblen Bereich ist es besonders wichtig, Missbrauch zu vermeiden und die zu Betreuenden zu schützen.
Um eine gesetzliche Betreuung so lange wie möglich vermeiden zu können, ist aber auch jeder selbst gefordert. So kann z.B. durch eine Vorsorgevollmacht bereits im Vorfeld entschieden werden, wer die eigenen Angelegenheiten im Notfall regeln soll, wenn man es selbst nicht mehr kann. Alternativ kann in einer Betreuungsverfügung festgelegt werden, wer vom Gericht als Betreuer bestimmt werden soll. So kann bereits im Vorfeld die Betreuung durch eine fremde Person verhindert werden. Durch Erstellung einer Patientenverfügung kann der eigene Wille im Hinblick auf medizinische, z.B. lebensverlängernde, Maßnahmen genauer bestimmt werden.
Die Betreuungsstelle des Landratsamtes rät daher: Jeder Volljährige sollte sich ab 18 Jahren mit diesem Thema beschäftigen und eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung erstellen. Außerdem ist eine separate Bankvollmacht sinnvoll, da nicht alle Banken die Vorsorgevollmacht unkompliziert akzeptieren. Bürgerinnen und Bürgern ist daher zu raten, sich unabhängig beraten zulassen, z.B. durch die Betreuungsstelle.