Koordinierungsgruppe Pandemie: Inzidenz hoch, jedoch stabil
Während in der Bund-Länder-Konferenz tiefgreifende Lockerungen ab 20. März dieses Jahres beschlossen wurden, tagte im Landkreis die Koordinierungsgruppe Pandemie zum „hier und jetzt“. Die lokalen Expert:innen sind sich einig: Der Gipfel der fünften Welle scheint erreicht, doch stagniert die Inzidenz aktuell auf sehr hohem Niveau. Von Entwarnung kann noch nicht gesprochen werden. Noch immer sind zahlreichen Ausfällen bei Mitarbeiter:innen in der kritischen Infrastruktur sowie der hohen Belegungszahlen auf der Corona(normal)station im Dachauer Krankenhaus zu sehen.
Am Mittwoch, den 16.02.2022, tagte die „Koordinierungsgruppe Pandemie“ unter Leitung von Landrat Stefan Löwl erneut online. Bei den regelmäßigen Besprechungen beraten sich etwa 40 lokalen Expert:innen aus Gesundheitsamt, Kliniken und Pflege- sowie Behinderteneinrichtungen, niedergelassenen Ärzten, Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei, Apotheken, ambulanter Palliativversorgung sowie Fachbereichen des Landratsamtes, Gemeinden, Schulamt und den beiden Impfzentren.
„Aufgrund der engmaschigen Testung, vor allem in den Grund- und Förderschulen, ist die Inzidenz der sechs- bis elfjährigen Kinder eigentlich die Repräsentativeste“, meint die Leiterin des Gesundheitsamt Dr. Monika Baumgartner Schneider. „Hier liegt die Inzidenz aktuell bei ca. 5.000.“ Auch die Rückmeldung seitens der niedergelassenen Ärzte sowie die Situation im Helios-Amper-Klinikum in Dachau spiegelt die sehr hohe Inzidenz wieder. Dabei bleibt die größte Problematik, dass weiterhin viele Mitarbeiter:innen aufgrund von Corona-Infektionen oder Quarantänemaßnahmen ausfallen. Die Lage im Krankenhaus hat sich auf sehr hohem Niveau stabilisiert, wobei es mit Blick auf die Intensivstation Grund zur Hoffnung gibt. Insgesamt befinden sich derzeit knapp über 40 Patient:innen mit oder wegen Corona auf Normalstation; zahlreiche auch nicht mit Wohnsitz im Landkreis Dachau. Zwei Patienten müssen aktuell wegen Corona intensivmedizinisch betreut werden. Selbst, wenn die Zahlen nun langsam sinken, zeigt die Erfahrung, dass die Situation im Krankenhaus noch zwei bis vier Wochen darüber hinaus angespannt bleiben wird.
Ein weiteres wichtiges Thema, welches alle Einrichtungen in der Runde betrifft, ist die ab Mitte März geltende, sektorale Impfpflicht. Die gesetzlichen Regelungen zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht werden kommen und selbstverständlich auch im Landkreis Dachau angewandt. Allerdings wartet das Gesundheitsamt Dachau ebenso wie alle anderen Akteure weiterhin auf Informationen seitens des Bundes zum Vollzug bzw. die zahlreichen offenen Fragen. Unter anderem ist nun wohl ein bayernweites Meldeportal im Gespräch, auf dessen Basis die Gesundheitsämter weiterarbeiten können. Gerade mit Blick auf die betroffenen Mitarbeiter:innen im Gesundheitsbereich sowie die Einrichtungen gibt es aber kaum Informationen, wie es ab dem 15.03.2022 konkret weitergehen wird. Die Mitglieder der Koordinierungsgruppe Pandemie appellieren daher – wie bereits in der letzten Sitzung Anfang Februar 2022 – hier endlich Klarheit zu schaffen. „Es kann und darf nicht sein, dass jedes Gesundheitsamt in Deutschland seinen eigenen Weg bei so essentiellen Fragen wie Betretungsverboten suchen muss,“ meint Landrat Stefan Löwl. Aus den Einrichtungen (insb. den zahlreichen Pflege-, Alten- und Behindertenheimen) wird berichtet, dass zahlreiche Pflegekräfte aufgrund der Diskussionen und Unsicherheiten eigentlich schon vereinbarte Impftermine wieder abgesagt haben. „Damit hat der Mangel an konkreten Aussagen und Vorgaben genau das Gegenteil bewirkt, was der Gesetzgeber sich gewünscht hat,“ diagnostiziert Versorgungsarzt Dr. Günzel. Der einzige Hinweis, welcher aktuell an die betroffenen Personen gegeben werden kann ist: „Lasst Euch impfen!“ Impfangebote, ab Ende Februar auch mit dem neuen Impfstoff des Herstellers Novavax, stehen ausreichend zur Verfügung und werden von bzw. in den Einrichtungen auch aktiv angeboten und beworben.
Auch mit der neuen Testverordnung des Bundes gab es in den vergangenen Tagen Probleme, insb. mit Blick auf die Kostenübernahme bzw. Berechtigung von Corona-Testungen. Daher arbeitet das Testzentrum in Markt Indersdorf sowie die vielen Teststellen im Landkreis weiter wie bisher. Es gibt aktuell keine Engpässe bei den PCR-Testkapazitäten. Auch der vorrübergehende Umzug des Testzentrums von Markt Indersdorf nach Karlsfeld ist geplant und stellt die Beteiligten vor kein Problem. Lediglich am Freitag, den 25.02.2022, werden im Testzentrums keine Testungen möglich sein. Aufgrund der Vielzahl an weiteren Teststellen ist dadurch kein Engpass zu erwarten.
Begrüßt hat die Koordinierungsgruppe Pandemie die beschlossene Rückübertragung der rechtlich verbindlichen Festlegungen zum Genesenenstatus auf das Bundesgesundheitsministerium. „Wie Gerichte in ganz Deutschland bereits geurteilt haben, war die Delegation dieser Befugnis auf das RKI rechtlich unzulässig,“ erläutert Landrat Stefan Löwl. „Die Rückübertragung ist insoweit daher nur die folgerichtige Konsequenz aus der früheren Fehlentscheidung.“
Ein Problem, welches die Koordinierungsgruppe Pandemie nicht lösen kann, ist der nach wie vor geltende, verkürzte Genesenenstatus bei ungeimpften Personen (3 Monate) und die anderslautenden Bescheinigungen (6 Monate), welche seitens der Apotheken ausgegeben werden. Grundsätzlich gilt natürlich die gesetzliche Regelung, aber die ohnehin schon sehr belasteten Mitarbeiter:innen im CTT müssen ständig Diskussionen führen, da Rechtslage und Bescheinigung nicht überein stimmen. Landrat Stefan Löwl hat sich diesbezüglich bereits ans Gesundheitsministerium gewandt und hofft auf eine baldige Klarstellung.
Abschließend wurde noch die Impfstrategie für die kommenden Monate diskutiert. Um eine Situation wie im letzten Jahr zu vermeiden, soll über das ganze Jahr hinweg ein behördliches Impfangebot zur Unterstützung der niedergelassenen Ärzte und Praxen bestehen bleiben. Da sich sowohl das stationäre Impfzentrum, wie – gerade im Sommer – der dezentrale Einsatz der mobilen Impfteams nach einhelliger Meinung der Mitglieder der Koordinierungsgruppe bewährt hat, soll das Dachauer Impfzentrum bis mindestens zum Jahresende in Betrieb bleiben. Die Impfkapazitäten sollen jedoch flexibel an den Bedarf angepasst werden. Und auch mobile Impfteams sollen bis Ende 2022 im ganzen Landkreis im Einsatz bleiben, sowohl für Schwerpunktaktionen in Einrichtungen, aber auch vor Ort bei den Menschen auf Marktplätzen und vor Supermärkten. Somit werden alleine im staatlichen Impfbereich (also neben den Ärzten) in 2022 voraussichtlich weit über 150.000 Impfangebote gemacht werden können. „Damit sind wir auch für die 4. Impfung oder die an die Omikronvariante angepassten, aktuell im Zulassungsverfahren befindlichen neuen Impfstoffe gut aufgestellt,“ meint Versorgungsarzt Dr. Günzel, weist jedoch darauf hin, dass ein Ansturm wie im November 2021 mit plötzlich über 50.000 Impfwünschen innerhalb von 2-3 Wochen nicht bewältigt werden kann. „Alle sollten den Sommer nutzen, um rechtzeitig und ohne Stress den notwendigen Impfschutz zu erhalten. Wer dies versäumt, sollte sich dann über Wartezeiten und Unannehmlichkeiten im Herbst/Winter bitte nicht beschweren,“ so Landrat Löwl im Rückblick auf die äußerst geringe Impfnachfrage im vergangenen Sommer.