Dachauer Lokalpolitik kritisiert Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz
Grundsätzlich begrüßen die beiden Kommunalpolitiker die Ergebnisse bei den Themen "Energiepreise" und "49€-Ticket", sehen aber den Aufwand der Kommunen äußerst kritisch. Dieser Aufwand umfasste neben bürokratischen Themen besonders mit Blick auf den ÖPNV-Bereich und der Flüchtlingsthematik finanzielle, personelle und logistische Herausforderungen. Kolbe und Löwl fordern daher einfache, unbürokratische Lösungen, die bei den Menschen direkt ankommen.
Zum angekündigte 49€-Ticket sagt Landrat Stefan Löwl: "Ein kostengünstiges und einfaches Ticket tut dem ÖPNV gut und ist für alle Pendlerinnen und Pendler eine massive finanzielle Entlastung. Es gibt einen neuen Anreiz gegenüber der Fahrt mit dem eigenen Auto." Als stellvertretender Sprecher der MVV-Landkreise befürchtet Löwl aber einem hohen Kommunikationsbedarf bei dem wohl nur digital verfügbaren Ticket sowie administrativen Aufwand. "Leider sind die sonstigen Zusagen nach mehr und nachhaltigen Mitteln für den Betrieb und Ausbau des ÖPNV deutlich hinter den Bedarfen geblieben. So wird sich - auch mit Blick auf die fehlenden Busfahrer - die Frage stellen, ob ein billiger ÖPNV unter den bestehenden Strukturen und Rahmenbedingungen auch ein attraktiver ÖPNV sein kann. Herausforderungen sehe ich in Bezug auf Taktung, Linienanzahl und Betriebszeiten."
Die Ausgleichsmittel für das 49€-Ticket sind seitens Bund und Ländern außerdem gedeckelt. Daher liegt das Kostendeckungsrisiko bei den Verkehrsunternehmen und den Aufgabenträgern. Sind die Kosten zu hoch, muss der Landkreis Dachau über die Kreisumlage die Gelder von den Gemeinden einholen oder bestehende ÖPNV-Linien einschränken.
Bürgermeister-Obmann Stefan Kolbe stimmt vollumfänglich zu und verweist auf weitere Themen, welche die Kommunen in den kommenden Jahren massiv fordern werden. "Der Bund überträgt immer mehr Aufgaben und Rechtsansprüche auf die Gemeinden und Städte. Das Ganze aber ohne eine ausreichende finanzielle Kompensation, und in vielen Bereichen steht für die Aufgaben das notwendige Personal nicht zur Verfügung. Ab 2026 gilt z.B. ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung für alle Kinder bis 10 Jahren. Diese Aufgabe kann kommunal nicht durch eine einmalige Investitionsförderung für Räumlichkeit und Personal finanziell gelöst werden".
Besonders enttäuscht sind die Kommunalpolitiker über die Beschlüsse zur Flüchtlingsunterbringung und Integration. So dankten Bundeskanzler und Länderregierungschefs "den Bürgerinnen und Bürgern für die große Aufnahmebereitschaft und Hilfsbereitschaft" und stellen fest, dass "die Kommunen seit Beginn des russischen Angriffs – häufig unterstützt durch die Zivilgesellschaft – einen großen Beitrag zu Unterbringung, Verpflegung und Betreuung der Geflüchteten aus der Ukraine" leisten. In der MPK ging es dann jedoch lediglich um finanzielle Fragen. Gelder sollen über die Länder an die Kommunen weitergereicht werden. Die Thematik der stark ansteigenden Asyl- und Flüchtlingszahlen aus weiteren Ländern wurde hingegen nicht angesprochen. Vielmehr wurde davon geredet, dass die Kommunen bei „der Erfüllung ihrer Aufgaben im Bereich Flucht und Migration" unterstützt werden sollen; eine Aussage, die so eindeutig bei den Bürgermeistern und Gemeinderäten im Landkreis Dachau nicht präsent war. Die Aufgabe der Unterbringung und Migration wurde bisher meist mit Blick auf das staatliche Landratsamt als „staatliche Aufgabe“ gesehen.
„Glücklicherweise trägt der Freistaat Bayern seit Jahren alle direkten Aufwendungen in Zusammenhang mit der Aufgabe der Unterbringung, Versorgung und Verpflegung von Asylsuchenden und Flüchtlingen. So kommen keine direkten finanziellen Lasten auf die kommunalen Haushalte in Bayern zu." stellt Landrat Stefan Löwl fest, merkt aber an, dass auch hier das notwendige Fachpersonal und vor allem die notwendige Infrastruktur fehlt. "Das Thema der sich deutschlandweit wieder füllenden Sporthallen und Notunterkünfte schien in der MPK nur eine finanzielle Frage," so Landrat Löwl enttäuscht.
Bürgermeister Kolbe ergänzt, dass die Kommunen durch die "unplanbaren und über die politischen Entscheidungen auf Bundesebene aufgezwungenen Integrationsaufgaben" massiv belastet und oft überlastet sind. "Wir habe schon jetzt eine sehr angespannte Lage am Wohnungsmarkt. Ressourcen für eine gelingende Betreuung und Integration stehen schlichtweg nicht zur Verfügung," stellt Bürgermeister Kolbe fest. "Kinderbetreuung, soziale Dienste, kommunale Jugendarbeit und vieles mehr müssten massiv ausgebaut werden. Hierzu reichen die beschlossenen Mittel nicht aus. Und selbst wenn die Finanzierungsfragen geklärt wären, fehlt das notwendige Fachpersonal. Dies haben die Vertreter der Integrationsdienste und Helferkreise schon lang festgestellt. Unterstützende Aussagen oder Diskussionen finden in Berlin und leider auch in der MPK nicht statt", stellt der Karlsfelder Bürgermeister fest. In seiner Gemeinde wird derzeit die höchste Integrationsleistung im Landkreis Dachau erbracht.
Löwl und Kolbe fassen zusammen „Geld und Rechtsansprüche oder zugewiesene Aufgaben helfen nichts, wenn die notwendigen infrastrukturellen und vor allem personellen Ressourcen nicht zur Verfügung stehen." Mit dieser Aussage unterstützen die Lokalpolitiker ausdrücklich die Forderungen der bayerischen und deutschen Landkreis- bzw. Städtetage nach deutlichen finanziellen, aber auch strukturellen und migrationslenkenden, europäischen Maßnahmen.